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Der (unwirksame) Ehevertrag

Eine von drei Ehen zerbricht. Dennoch wird ein Ehevertrag verhältnismäßig wenig geschlossen und als unromantisch betrachtet.

Eine von drei Ehen zerbricht. Dennoch wird ein Ehevertrag verhältnismäßig wenig geschlossen und als unromantisch betrachtet. 

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Michael Schädlich, Kanzlei F.E.L.S vertritt jedoch die Auffassung, dass gerade wer sich (noch) liebt, dafür sorgen sollte, dass im Falle einer Scheidung alles fair zugeht. Die Praxis zeigt, dass nach einer Trennung die Definition von fair teilweise sehr konträr ist. Auch sollte man - trotz Gleichberechtigung in der Praxis immer noch die Frau - keine Angst vor einer Übervorteilung haben, da auch die Rechtsprechung vor einer einseitig nachteiligen Vereinbarung schützt. Wenn Eheverträge nämlich (vom Ehemann) „überfrachtet“ werden, besteht die Gefahr, dass diese vom Familiengericht als unwirksam einqualifiziert werden. Ein aktuelles Beispiel möge dies verdeutlichen: 

Die Eheleute schlossen 2001 die Ehe. Aus dieser gingen zwei im Jahr 2004 und 2006 geborene Kinder hervor. Scheidungsantrag wurde 2017 gestellt. Vor Heirat hatten die Eheleute einen notariellen Ehevertrag errichtet, in dem sie darin u. a. auf jeglichen nachehelichen Unterhalt verzichtet haben. Ausgenommen wurde hiervon lediglich Unterhalt wegen Betreuung von gemeinsamen minderjährigen Kindern, wenn der notwendige Eigenbedarf/ Selbstbehalt nicht zur Verfügung steht, wiederum begrenzt bis zu dieser Höhe. Im Ergebnis ist der Unterhalt damit der Höhe nach auf das „Existenzminimum“ (= Sozialhilfeniveau) begrenzt. 

Die Ehefrau begehrt weitergehenden nachehelichen Unterhalt. Das OLG Celle (17 UF 28/18) sprach ihr diesen zu. Es hält die vertraglichen Regelungen zum nachehelichen Unterhalt für sittenwidrig. 

Die Regelungen zum nachehelichen Unterhalt sind gem. dem OLG Celle nichtig, weil sie den Betreuungsunterhalt in einer Weise begrenzen, die eine dem Kindeswohl entsprechende Kinderbetreuung entweder ausschließen oder die damit verbundenen Einbußen allein auf die wirtschaftlich schwächere Frau überwälzen. Unberücksichtigt bleibt durch die Regelung die Teilhabe der Frau am Maß der ehelichen Lebensverhältnisse und der Ausgleich ehebedingter Nachteile. Dies stellt eine unangemessene Benachteiligung dar, der die rechtliche Anerkennung zu versagen ist. 

Das OLG setzt sich in seinem Urteil mit den Grundsätzen der BGH-Rechtsprechung auseinander, kommt aber zu dem Ergebnis, dass diese in dieser Konstellation nicht anwendbar sind. Nach dem BGH sind Modifikationen oder der Ausschluss des Betreuungsunterhalts dann nicht unwirksam, wenn bei Vertragsschluss ein Kinderwunsch noch nicht bestand oder aufgrund der Berufstätigkeit beider Ehegatten nicht absehbar war, dass einer von ihnen seine Berufstätigkeit aufgeben würde. Das OLG vertritt jedoch die Meinung, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung bei kinderlosen Ehegatten im gebärfähigen Alter die Absicht nahe liegt, eine Familie zu gründen und sie deshalb so zu behandeln seien, wie Ehegatten, die bei Vertragsschluss einen konkreten Kinderwunsch haben. Auch die Rollenverteilung in Bezug auf Kinderbetreuung und Familienarbeit sei insoweit angelegt (= bereits bestehende „Tendenz zur Alleinverdiener-Ehe“). 

Das OLG bemerkt, dass grundsätzlich auch ein Betreuungsunterhalt Abänderungen durch einen Ehevertrag zugänglich ist, wenn er die persönliche Betreuung der Kinder durch den damit befassten Ehegatten nicht in Frage stellt und der geschuldete Unterhalt zumindest die ehebedingten Nachteile ausgleicht. Die zu bewertende Klausel, welche dem Unterhalt auf das Existenzminimum als Obergrenze setzt, wird vom OLG nicht als geeignetes Instrument zum Ausgleich ehebedingter Nachteile eingestuft. 

Des Weiteren führt das OLG aus, dass es in subjektiver Hinsicht keiner Feststellung der Ausnutzung einer unterlegenen Verhandlungsposition bedürfe. Insofern sollen sich die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeitsprüfung einer Einzelklausel von den Anforderungen, die an die Sittenwidrigkeit aufgrund eines insgesamt unausgewogenen Vertrags gestellt werden, unterscheiden. Allerdings soll in die Beurteilung die von den Ehegatten mit der Abrede verfolgten Beweggründe (= Rechtfertigungsgründe) einzubeziehen sein. Unternehmensschutzgedanken sind im Unterhaltsrecht nicht verwertbar. 

Dieses Beispiel zeigt, dass es in der Rechtsprechung zu Eheverträgen einige „heilige Kühe“ gibt, denen man nicht zu nahe kommen sollte. Ein Ehevertrag ist der Fallschirm, den man hoffentlich nicht braucht. Wenn aber doch, sollte er von einem Familienrechtsspezialisten gefertigt worden sein, so dass er keine Risse oder unsauberen Nähte aufweist.

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