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Dashcam ja – aber ...! Aktuelles aus dem Verkehrsrecht.

Viele Geschädigte eines Verkehrsunfalls kennen die Situation: an Ort und Stelle war die Haftung zwischen den Beteiligten klar. Daher wurde auf die Einschaltung der Polizei verzichtet, Zeugen hatten den Unfallort verlassen Doch dann folgt oftmals das „böse Erwachen“ – im Nachgang weigert sich die Versicherung des Verursachers aufgrund dessen Unfallschilderung ganz oder teilweise zu regulieren. Helfen könnte hier eigentlich eine Dashcam – aber ist das rechtens? Allerdings stehen derartige Bewertungsportale auch immer wieder in der Kritik und beschäftigen die Gerichte – zuletzt wieder einmal den Bundesgerichtshof (BGH). Ulrich Eichbaum, Fachanwalt für Verkehrsrecht und in der Kanzlei F.E.L.S in Bayreuth tätig, stellt im Folgenden unter anderem eine Entscheidung des Landgerichts München zu diesem Thema vor.

Sind Aufnahmen einer Dashcam zu berücksichtigen?

In einem Hinweisbeschluss vom 14.10.2016 (Az.: 17 S 6473/16) hat sich das Landgericht München I mit der Frage der Verwertbarkeit von Aufzeichnungen einer Dashcam beschäftigt. Die Vorinstanz des Landgerichts hatte einen Antrag des Klägers auf Einholung eines unfallanalytischen Gutachtens unter Beiziehung der Aufzeichnungen der Dashcam aufgrund der stets fehlenden Verwertbarkeit solcher Aufnahmen verneint.

Landgericht München – man muss differenzieren!

Die zuständige Kammer am Landgericht München I meint, dass es sich bei der Dashcam-Aufnahme um ein zulässiges Beweismittel handeln kann, welches analog § 371 ZPO in Augenschein genommen werden kann und bei einem unfallanalytischen Sachverständigengutachten auch Berücksichtigung finden darf. Dabei, so die Kammer, stünde dieser Herangehensweise § 22 S. 1 KunstUrhG nicht entgegen.

Danach dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Vorschrift des § 22 S. 1 KunstUrhG kommt aber nur zur Anwendung, wenn der andere Unfallbeteiligte als Person individualisiert erkennbar auf den Aufzeichnungen dargestellt und abgebildet ist.

Zum anderen fehlt es am tatbestandlich bei § 22 S.1 KunstUrhG verlangten Öffentlichkeitsbezug. Hiervon ist bei Vorlage und Inaugenscheinnahme in einer öffentlichen Verhandlung nach § 169 S. 1 GVG nicht auszugehen.

Abwägung der Interessen des Abgebildeten und dem Beweissicherungsinteresse

Aus Sicht der Kammer ist bei der Aufzeichnung von Verkehrsvorgängen mittels einer Dashcam ein berechtigtes Interesse und ein hinreichend konkreter Verwendungszweck anzunehmen, da es um die Sicherung von Beweismitteln geht. Es ist daher jedenfalls eine umfassende Interessen- und Güterabwägung vorzunehmen. Hierbei meint das Gericht, dass entscheidend ist, ob in die Intimsphäre oder Individualsphäre des Dritten eingegriffen wird. Bezogen auf die Dashcam-Aufzeichnungen eines Verkehrsunfalls ist aus Sicht der Kammer lediglich die Individualsphäre betroffen und nicht der Kernbereich der privaten Lebensführung (wie etwa bei einem Zugang zum Privatgrundstück oder am Arbeitsplatz).

Umgekehrt verlangt das verfassungsrechtlich in Art. 20 Abs. 3 GG verbürgte Rechtsstaatsprinzip sowie der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG und auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich, dass angebotene Beweise durch die Gerichte berücksichtigt werden.

Permanente oder eine anlassbezogene Aufzeichnung

Entscheidend für die Frage der Verwertbarkeit bleibt daher – auch für die Kammer – ob eine permanente oder eine anlassbezogene Aufzeichnung mit der klägerischen Dashcam stattfindet, insbesondere aber auch, ob eine automatische Löschung oder Überschreibung der Aufzeichnungen innerhalb von bestimmten Zeiträumen erfolgt (vgl. insoweit auch LG Frankenthal, Urteil vom 30.12.2015, Az. 4 O 358/15). Dies muss im Einzelfall geklärt werden.

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