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Darf Netflix seine Preise nach Belieben erhöhen?

Das Wachstum der verschiedenen Streaminganbieter kennt kaum Grenzen. Erst vergangene Woche wurde öffentlich bekannt, dass Amazon mit seinem Streamingdienst Prime die Übernahme der altehrwürdigen MGM Studios plant. James Bond also zukünftig nicht mehr im Kino, sondern direkt im heimischen Wohnzimmer? Der Trend ist offenkundig.

Besonders während der Corona-Pandemie haben Streamingdienste wie Netflix, Prime und Co. einen wahren Boom erlebt. Wer sich wegen Lockdown oder Quarant ne zu Hause die Langeweile vertreiben wollte, der war gerne bereit, auch etwas mehr Geld für die eigene Unterhaltung und Belustigung in die Hand zu nehmen. Alleine im Jahr 2020 konnte Netflix die Menge zahlender Kunden um knapp 20 Prozent, also über 35 Millionen Abonnenten, steigern.

In seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen hatte Netflix bis vor Kurzem folgende Klausel verwendet:

„Unser Abo-Angebot und die Preise für den Netflix-Dienst können sich gelegentlich ändern. […]“

Von dieser Möglichkeit hat der Streaming-Riese in den vergangenen Jahren auch immer wieder Gebrauch gemacht. Kostete ein Standard-Abo zur Markteinführung noch 9,99 €, so kostet dies mittlerweile bereits 12,99 €. Immerhin eine satte Preissteigerung von 30%. Mitten in diese Glückseligkeit hat nunmehr aber zuerst das Kammergericht Berlin und im April 2021 dann auch der BGH einen Keil geschlagen. Auf eine Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen hin hatte zwar zunächst das Landgericht Berlin die Verwendung besagter Klausel noch für zulässig gehalten, da der Kunde rechtzeitig über eine Preiserhöhung informiert werden würde und kündigen könnte. In der Berufungsinstanz vor dem Kammergericht Berlin hat das Gericht allerdings festgestellt, dass besagte Klausel nicht nur einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt, sondern auch zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden führt, weil die Klausel Preisanpassungen in das nicht nachprüfbare Belieben des Anbieters stellt.

Es werde nämlich weder hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen Preiserhöhungen auftreten können, noch habe der Kunde eine realistische Möglichkeit, etwaige Preiserhöhungen anhand der Klausel auf ihre Berechtigung hin zu überprüfen. Eine Preisanpassungsklausel sei jedenfalls dann unzulässig, wenn diese über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus lediglich dazu dient, einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Die Revision gegen diese Entscheidung hatte das Kammergericht nicht zugelassen. Hiergegen hat der Streamingdienstleister Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt. In seiner am 28. Mai 2021 veröffentlichten Entscheidung vom 15. April 2021 hat der BGH die Beschwerde zurückgewiesen, das Urteil des Kammergerichts Berlin ist damit rechtskräftig.

Was bedeutet dies nun jedoch in der Praxis? Darf Netflix seine Preise grundsätzlich nicht mehr erhöhen? Nein. Preisanpassungsklauseln sind auch weiterhin möglich und zulässig, insbesondere dann, wenn der Verwender dieser Klausel damit auf Preisschwankungen reagiert, die sich aus gerichtlich überprüfbaren Kostensteigerungen (z.B. Kauf von Lizenzen, Infrastruktur, etc.) ergeben. Diese Kostensteigerungen müssen dann aber auch zumindest in ihren Grundzügen dar- und offengelegt werden, die Erhöhung rein zur Gewinnsteigerung lässt sich mit einer solchen Preisanpassungsklausel jedenfalls nicht rechtfertigen.

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