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BAG ändert jahrzehntelange Rechtsprechung – kein automatischer Verfall von Urlaubsansprüchen

Viele Arbeitnehmer nehmen innerhalb des laufenden Jahres nicht den vollen Jahresurlaub.

Viele Arbeitnehmer nehmen innerhalb des laufenden Jahres nicht den vollen Jahresurlaub. Am Jahresende stellt sich dann die Frage, unter welchen Voraussetzungen der im laufenden Jahr nicht genommene Urlaub in das Folgejahr übertragen werden kann. Was dabei insbesondere vor dem Hintergrund neuester EuGH-Rechtsprechung zu beachten ist, erläutert Rechtsanwalt Florian Dorth.

Aktuelle Gesetzeslage Arbeitnehmern steht bei einer Fünf-Tage-Arbeitswoche ein gesetzlicher Mindesturlaub von 20 Werktagen zu. Dieser Mindesturlaubsanspruch ist zwingend und kann weder durch Arbeitsnoch Tarifvertrag abgedungen werden.

Grundsatz: Verfall zum Jahresende

Im laufenden Jahr nicht genommener Erholungsurlaub verfällt nach dem Willen des Gesetzgebers mit Ablauf des 31.12. in der Regel ersatzlos. Was passiert aber nun, wenn der im laufenden Jahr beantragte Urlaub vom Arbeitgeber wegen entgegenstehender betrieblicher Belange (z. B. Produktionsspitzen, hohe Auftragslage, Ausfall von Kollegen oder Jahresabschlussarbeiten) abgelehnt wurde oder der Arbeitnehmer seinen Urlaub krankheitsbedingt nicht nehmen konnte?

Ausnahme: Übertragung bis 31.03. des Folgejahres

Der Verfall von Urlaubsansprüchen gilt auch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht schrankenlos. Die Verfallfrist kommt nach § 7 III S. 2 BUrlG nicht zur Anwendung, wenn objektiv dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Urlaubsgewährung im laufenden Kalenderjahr verhindern. In den vorgenannten Fällen wird der Urlaub kraft Gesetzes, d. h. ohne, dass es einer weiteren Handlung seitens der Vertragsparteien bedarf, auf das Folgejahr übertragen und verfällt mit Ablauf des 31.03., wenn er bis zu diesem Zeitpunkt nicht erneut vom Arbeitnehmer beantragt und genommen wird. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer es versäumt hat, seinen gesamten Urlaubsanspruch im laufenden Kalenderjahr zu beantragen und zu nehmen oder er sich seine angesammelten Urlaubstage für das neue Jahr ansparen wollte.

EuGH: Kein Verfall bei unterlassener Aufklärung

Mit Urteil vom 06.11.2018 hat der EuGH dem automatischen Verfall von Urlaubsansprüchen zum 31.03. des Folgejahres nunmehr den „Todesstoß“ versetzt. Nach Auffassung des EuGH verfallen Urlaubsansprüche nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu auffordert, den Urlaub zu nehmen und gleichzeitig darüber aufklärt, dass der nicht genommene Urlaub am Ende des Übertragungszeitraums verfallen wird. Das BAG hat inzwischen mit zwei Urteilen aus dem Jahr 2019 die Vorgaben des EuGH umgesetzt und damit seine jahrzehntelange Rechtsprechung zum Verfall von Urlaubsansprüchen geändert. Infolge der aktuellen Rechtsprechung muss nun der Arbeitgeber die Initiative dafür setzen, dass der Arbeitnehmer seinen Urlaubsanspruch verwirklichen kann. Den Arbeitgeber trifft ab sofort also eine Mitwirkungsobliegenheit.

Umfang der Mitwirkungsobliegenheit

Will der Arbeitgeber eine Übertragung der Urlaubsansprüche über den 31.03. des Folgejahres hinaus verhindern, hat er in konkreter und völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen Jahresurlaub zu nehmen. Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag genügen in der Regel nicht. Arbeitgeber müssen ihre Arbeitnehmer aus Gründen der Beweislast künftig vielmehr förmlich auffordern, den Erholungsurlaub zu nehmen und zugleich klar und rechtzeitig darüber aufklären, dass der Urlaub andernfalls verfällt. Ein Verstoß gegen die neuerdings geltende Mitwirkungsobliegenheit kann zu einem Ansammeln von Urlaubsansprüchen mehrerer Jahre führen. Im Lichte der neuen EuGH- und BAG-Rechtsprechung ist sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern zu empfehlen, sich zur Vermeidung unerwünschter Rechtsfolgen anwaltlich beraten zu lassen. Wir unterstützen Sie gerne!

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